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Hausärzt:innen erkennen viel Positives in der Coronavirus-Krise Hausärzt:innen erkennen viel Positives in der Coronavirus-Krise

Und sie dreht sich doch – die Gesundheitswelt in Österreich – hoffentlich nicht wieder zurück, wenn der Druck der Krise abnimmt. Eine Umfrage, die von der Österreichischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM) und dem Austrian Health Forum (AHF) mit dem Partner Demox Research Ende Mai 2020 unter Hausärzt:innen in ganz Österreich durchgeführt wurde, zeigt, dass die Coronavirus-Pandemie ein kleines systemisches Erdbeben ausgelöst hat, das den Einsatz von Telemedizin zur Krisenbewältigung möglich gemacht hat. Die Ärzt:innen sehen diese Entwicklung positiv.

Die Umfrage gibt zunächst einen Einblick in die Herausforderungen, mit denen sich Hausärzt:innen seit Beginn der Pandemie konfrontiert sahen. Die vereinzelten Hilferufe von Ärzt:innen nach Schutzausrüstung, die wir in den Nachrichten verfolgt haben, waren keine Einzelfälle: Ganze 90 Prozent der befragten Ärzt:innen – quer über alle Bundesländer und Regionen – geben an, die Beschaffung geeigneter Schutzausrüstung sei eine teils große Herausforderung gewesen. Weniger medial präsent sind die wirtschaftlichen und organisatorischen Komplikationen, die sich in vielen Praxen aufgrund von Schließungen, niedriger Auslastung, und Umstellungen auf einen Corona-sicheren Praxis-Betrieb ergeben haben (84 Prozent geben organisatorische Änderungen als teils große Herausforderung an, 76 Prozent wirtschaftliche Einbußen).

Die Coronavirs-Pandemie hat Hausärzt:innen vor große Herausforderungen gestellt.
Die Coronavirs-Pandemie hat Hausärzt:innen vor große Herausforderungen gestellt.

Kopfzerbrechen bereiteten den Ärzt:innen aber vor allem auch Fragen rund um die Versorgung der Patient:innen. Gerade vulnerable Gruppen nahmen oft nötige medizinische Betreuung in der Krise nicht in Anspruch oder brauchten ad hoc risiko-ärmere – das heißt Kontakt-reduzierte – Versorgungsangebote (79 Prozent geben Nichtinanspruchnahme von Leistungen als teils große Herausforderung an, 81 Prozent die Versorgung vulnerabler Gruppen). Dass sich zusätzlich noch die Kommunikation mit den Behörden über COVID-19 Verdachtsfälle und Patient:innen schwierig gestaltete, war dabei keine Hilfe (79 Prozent sehen hier teils große Herausforderungen).

Eine klare Antwort der Hausärzt:innen auf diese Herausforderungen: Telemedizin. Zwei Drittel der Befragten betreuen Patient:innen seit der Krise auch per Telefon, mit Hilfe von Skype, WhatsApp und anderen bekannten Kommunikations-Tools, oder – seltener – mit spezieller Videotelefonie-Software. Die Erfahrungen damit: durchwegs vielversprechend. Fast 90 Prozent bewerten den Corona-bedingten Einsatz von Telemedizin als sehr positiv oder positiv, und immerhin knapp Dreiviertel können sie sich als Teil der Regelversorgung „post Corona“ vorstellen.

Zwei Drittel der Befragten geben an, seit Beginn der Pandemie Patient:innen auch telemdizinisch zu betreuen.
Zwei Drittel der Befragten geben an, seit Beginn der Pandemie Patient:innen auch telemdizinisch zu betreuen.
Telemedizinische Software konnte ihre Vorteile dabei noch nicht unter Beweis stellen. Vertraute und kostenfreie Anwendungen waren die bevorzugte Wahl.
Telemedizinische Software konnte ihre Vorteile dabei noch nicht unter Beweis stellen. Vertraute und kostenfreie Anwendungen waren die bevorzugte Wahl.
Die große Mehrheit der Befragten bewertet die Corona-bedingten Erfahrungen mit der Telemedizin positiv ...
Die große Mehrheit der Befragten bewertet die Corona-bedingten Erfahrungen mit der Telemedizin positiv ...
... und steht ihrem Einsatz in der Regelversorgung positiv gegenüber.
... und steht ihrem Einsatz in der Regelversorgung positiv gegenüber.

Die Telemedizin ist übrigens nicht das einzig Gute, das die Ärzt:innen in der Krise erkennen. Diese habe gezeigt das „Vieles auch anders geht“ im Gesundheitssystem Österreich (77 Prozent empfinden das so) und Verbesserungen wie die Lockerungen bei der chefärztlichen Bewilligungspflicht (84 Prozent finden diese Änderung positiv), die Abrechenbarkeit der Telemedizin (73 Prozent positiv), und das E-Rezept angestoßen (70 Prozent positiv).

Viele systemische Änderungen, die erst durch die Krise angestoßen wurden, sehen die Hausärzt:innen positiv.
Viele systemische Änderungen, die erst durch die Krise angestoßen wurden, sehen die Hausärzt:innen positiv.

Die Pandemie hat nichts an der Tatsache geändert, dass Telemedizin nicht für alle Patient:innen in allen Situationen geeignet ist, aber sie hat ihren Einsatz erstmals dringend nötig gemacht, um in Krisenzeiten die medizinische Grundversorgung und gleichzeitig den Schutz der Patient:innen und des medizinischen Personals zu gewährleisten. Das aber in einem Krisenmodus, der noch nicht für eine zweite Welle, oder für eine krisensichere Gesundheitsversorgung generell ausreichen wird.

Denn Telemedizin hängt nicht von Ablehnung oder Befürwortung einzelner Ärzt:innen oder Patient:innen ab. Sie braucht einen ganzheitlichen Rahmen – angefangen bei klaren rechtlichen Spielregeln (70 Prozent der Befragten geben dies als Voraussetzung dafür an, dass Telemedizin zu einem Bestandteil der Regelversorgung werden kann), über ein Honorierungsmodell, das die veränderten Arbeitsrealitäten der Kassenärzt:innen berücksichtigt (71 Prozent sehen dies als Voraussetzung) und integrierte, Praxis-zentrierte telemedizinische Technologie (64 Prozent sehen dies als Voraussetzung), bis hin zur Bewusstseinsbildung und Schaffung digitaler Kompetenz auf Patient:innenseite (61 Prozent sehen dies als Voraussetzung).

Ärzt:innen sehen viele Einsatzbereiche für Telemedizin, insbesondere für eine Risko-ärmere Betreuung vulnerabler Gruppen in Krisenzeiten.
Ärzt:innen sehen viele Einsatzbereiche für Telemedizin, insbesondere für eine Risko-ärmere Betreuung vulnerabler Gruppen in Krisenzeiten.
Aus der Praxis melden Ärzt:innen – unter den gegebenen Bedingungen – noch keine große Nachfrage nach Telemedizin von Seite der Patient:innen.
Aus der Praxis melden Ärzt:innen – unter den gegebenen Bedingungen – noch keine große Nachfrage nach Telemedizin von Seite der Patient:innen.
Abgesehen von der Einschätzung, dass Telemdizin für manche PatIent:innen nicht geeignet ist, haben für Ärzt:innen bisher vor allem die Rahmenbedingungen gegen Telemedizin gesprochen.
Abgesehen von der Einschätzung, dass Telemdizin für manche PatIent:innen nicht geeignet ist, haben für Ärzt:innen bisher vor allem die Rahmenbedingungen gegen Telemedizin gesprochen.
... Sie wünschen sich deshalb verbesserte Rahmenbedingungen, um Telemedizin zu einem echten Teil der Regelversorgung zu machen.
... Sie wünschen sich deshalb verbesserte Rahmenbedingungen, um Telemedizin zu einem echten Teil der Regelversorgung zu machen.

Die Krise hat viele Freiräume aufgestoßen und Telemedizin hat sich jedenfalls als ein zentrales Element einer Krisen-festen Gesundheitsversorgung herausgestellt. Allerdings ist ihr Potenzial noch bei weitem nicht ausgeschöpft und es bleiben in der Praxis ungeklärte Fragen für die Patient:innen und Ärzt:innen. Die Entscheidungsträger sind gefordert, jetzt die Chance zu ergreifen, um die Voraussetzungen für eine telemedizinisch unterstütze, resilientere, und noch qualitativ hochwertigere Versorgung durch die Pandemie hindurch zu schaffen - und natürlich auch für die Regelversorgung nach dieser und vor der nächsten Krise.